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Die Medaille hat zwei Seiten: Verfassungswidrigkeit von Steuerzinsen

Leser mit gutem Gedächtnis werden sich erinnern: Wir hatten 2018 berichtet, dass der Bundesfinanzhof (BFH) Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes nach § 238 Abs. 1 S. 1 Abgabenordnung (AO) in Höhe von 0,5 % pro Monat, also 6 % pro Jahr, angemeldet hatte.

Nun hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluss vom 08.07.2021 entschieden, dass der Zinssatz verfassungswidrig ist. Die Begründung lässt sich wie folgt zusammenfassen: Eine Steuernachforderung ist zu verzinsen, da der Steuerpflichtige durch die verspätete Steuerzahlung einen Zinsvorteil erhält. Dieser Zinsvorteil soll abgeschöpft werden, damit sich die Verspätung nicht finanziell vorteilhaft auswirkt. Der im Gesetz vorgesehene Zinssatz von 0,5 % pro Monat ist allerdings zur Abschöpfung mittlerweile nicht mehr erforderlich, weil aufgrund der langanhaltenden Niedrigzinsphase keine Zinsvorteile in derartiger Höhe erzielt werden.

Das BVerfG hat dem Gesetzgeber bis zum 31.07.2022 aufgegeben, für die Zeit ab dem 01.01.2019 eine neue Regelung zu schaffen, die auch alle noch nicht bestandskräftigen Zinsfestsetzungen erfasst. Dies bedeutet, dass für Steuerzahler, die für den Zeitraum ab 01.01.2019 Zinsen in Höhe von 0,5 % pro Monat gezahlt haben, eine Rückerstattung möglich ist, wenn sie gegen den Zinsbescheid Rechtsmittel eingelegt haben oder der Bescheid z.B. unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht.

Die Entscheidung wirkt sich auch auf Erstattungszinsen, die das Finanzamt an den Steuerpflichtigen zu zahlen hat, aus. Auch hier galt bislang ein Zinssatz von 0,5 % pro Monat. Dieser ist durch den Gesetzgeber ebenfalls nach unten zu korrigieren, so dass die Erstattungszinsen für den Steuerpflichtigen zukünftig deutlich geringer ausfallen werden. Eine Rückwirkung ist ebenfalls bei nicht bestandskräftigen Bescheiden möglich. Hat das Finanzamt einen Bescheid über die Erstattungszinsen unter den Vorbehalt der Nachprüfung gestellt, kann es eine Rückerstattung der Zinsen verlangen.

Den zukünftigen Zinssatz hat das BVerfG nicht festgelegt. Vielmehr soll der Gesetzgeber unter Heranziehung sachlicher Kriterien eine eigene Entscheidung treffen. Denkbar ist, dass der Zinssatz nicht als unveränderlicher Wert festgelegt wird, sondern sich bspw. am Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank oder der Zinsstatistik des Deutschen Statistischen Bundesamtes orientiert.

Stefan Horstmeier
Rechtsanwalt


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